Frank Schäffler und Christian Sauter im Sommerinterview mit dem Westfalen-Blatt

(Photo by Jacek Dylag on Unsplash)

Das Interview sowie ein Video gibt es unter folgendem Link auf der Internetseite des Westfalen-Blattes: https://bit.ly/2Y7MsVf

 

Ist Christian Lindners Satz immer noch richtig: Es ist besser, nicht zu regieren als falsch zu regieren?

Frank Schäffler : Das ist nach wie vor richtig. Wir haben einen Wählerauftrag, den wir in einer Regierungskoalition mit Union und Grünen nicht hätten umsetzen können. Und dann muss man in die Opposition gehen. Das ist übrigens keine schlechte Sache, denn wir machen viel Druck auf die Große Koalition.

Christian Sauter : Auch im Nachhinein ist die Entscheidung richtig. Die Themen, mit denen wir erfolgreich Wahlkampf gemacht haben, hätten wir in einer Jamaika-Koalition nicht durchsetzen können. Das haben die Sondierungen in den Bereichen Energie und Mobilität deutlich gezeigt.

 

War diese Entscheidung im Rückblick ein Fehler? Wäre die FDP stärker, und wären die Grünen viel schwächer, wenn wir jetzt eine schwarz-gelb-grüne Bundesregierung hätten?

Schäffler : Das glaube ich nicht. Wir wären in die Zange geraten zwischen einer angegrünten CDU und einer grünen Partei, die ihre Ideologie in Tagespolitik umsetzen will. Im schlimmsten Fall wäre es uns so gegangen wie jetzt der SPD. Wir stehen heute als FDP insgesamt gut da – nämlich dort, wo wir 2017 vor der Bundestagswahl auch standen. Das ist für eine Oppositionspartei nicht so schlecht.

Sauter : Die FDP hat schon lange keine so stabile Phase zwischen sieben und neun Prozent gehabt wie seit 2017 bis heute. Insofern ist Opposition für uns nicht schädlich, sondern hilfreich.

 

5,4 Prozent bei der Europawahl: Bereitet Ihnen dieses Ergebnis Sorgen?

Schäffler : Mit dem Ergebnis sind wir nicht zufrieden, aber das sind immerhin zwei Prozentpunkte mehr als bei der Europawahl 2014. Europawahlen sind für die FDP nie leicht gewesen. Wir haben das Resultat analysiert und wollen bei den drei Landtagswahlen im Osten ganz deutlich machen, dass wir die seriöse bürgerliche Alternative sind, die überdies regierungsfähig ist.

Sauter : Wenn man das Ergebnis der Europawahl analysiert, dann fällt auf, dass ländliche Regionen wie Ostwestfalen und Lippe stärker zu den 5,4 Prozent beigetragen haben als Großstädte. Auch daraus müssen wir Schlüsse ziehen.

 

Von den drei Landtagswahlen im Osten hängt viel ab. Wie sehen Sie die Chancen für die FDP, in die Landtage einzuziehen und für die Regierungsbildung gebraucht zu werden?

Schäffler : Die Chancen sind sehr gut. In Sachsen und Thüringen haben wir eine breite kommunale Verankerung. In Dresden hat der FDP-Spitzenkandidat das beste Ergebnis bei den Kommunalwahlen erzielt. Nach allen Umfragen braucht es die FDP zur Regierungsbildung in Sachsen. Auch in Brandenburg haben wir gute Chancen: Unsere neue FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg kommt aus Brandenburg. Sie ist das Gesicht der FDP im Osten.

Sauter : Auch in Thüringen sind wir mit Spitzenkandidat Thomas Kemmerich gut aufgestellt und im Mittelstand verankert.

 

Sind Sie mit der Bilanz der schwarz-gelben Landesregierung in NRW zufrieden?

Schäffler : Absolut. Für Ostwestfalen-Lippe ist die Landesregierung ein Segen. Wir haben den neuen Landesentwicklungsplan verabschiedet und darin viel für OWL erreicht: den Flughafen Paderborn gestärkt, den Nationalpark Senne gestrichen, 1500 Meter Mindestabstand von Windkraft zu Wohnbebauung durchgesetzt und die Medizinische Fakultät an der Universität Bielefeld beschlossen. Das sind wichtige Entscheidungen für unsere Region.

Sauter : Ich bin sehr zufrieden, weil die NRW-Landesregierung auch viel für die Kommunen tut, zum Beispiel mit der Reform der Straßenausbaubeiträge.

 

Was kann die FDP gegen den Grünen-Hype und das Trendthema Klima tun?

Schäffler : Wir müssen die Freiheit und den Glauben an den Fortschritt verteidigen. Nicht Verzicht, Verbote und staatliche Eingriffe lösen die Probleme der Zukunft. Die Welt ist nicht schlechter geworden, sie wird immer besser. Deswegen müssen wir auf die Schaffenskraft der Menschen setzen und dürfen die Leute nicht gängeln. Früher sind die Leute auf die Straße gegangen, um gegen Notstandsgesetze zu demonstrieren, weil sie die Einschränkung der Freiheitsrechte befürchtet haben. Wenn jetzt Begriffe wie »Klimanotstand« benutzt werden, dann sagt das viel über die Ziele dieser Bewegung aus. Notstand ist immer eine Einschränkung von Freiheit, Grundrechten und Demokratie. Dagegen muss die freie Gesellschaft einen Reflex zeigen und klar machen, dass sie das nicht will. Der Klimareligion ist jedes Mittel recht, und dagegen muss man sich wehren.

Sauter : Wir müssen auch klar benennen, dass der Klimaschutz ein Hype-Thema ist. Hier sollte wieder Vernunft einkehren, und zwar auf wissenschaftlichen Grundlagen. In der Kohlendioxiddebatte fehlen mir die klaren Hinweise darauf, dass Deutschland nur für zwei Prozent des weltweiten, von Menschen gemachten CO 2 -Ausstoßes verantwortlich ist. Technischer Fortschritt ist die Lösung, nicht ein Verbot.

 

Was halten Sie von der CO2-Steuer?

Schäffler : Nichts. Das muss man über einen europäischen Emissionshandel marktwirtschaftlich regeln. Eine CO 2 -Steuer hätte zu viele Kollateralschäden. Unsere Automobilindustrie befindet sich in einer Abwärtsphase, tausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. Da sind Experimente überhaupt nicht angesagt.

Sauter : Diese Diskussion führt dazu, dass wir eine unserer Schlüsselindustrien in ganz Europa gefährden. Das kann nicht das Ziel von verantwortungsvoller Politik in Deutschland sein. Das Auto wird zum negativen Sinnbild für Klimaveränderungen gemacht, obwohl es nur einen geringen Anteil an den Emissionen hat. Das zeigt, dass es um ein anderes Ziel geht: die Einschränkung der individuellen Mobilität und der persönlichen Freiheit. Denn Auto ist Freiheit und für Millionen Pendler durch nichts zu ersetzen. Mobilität kann nur Fortschritt bedeuten, wenn man schneller von A nach B kommt – und nicht langsamer.